Trends in der Arbeitswelt

Kempten, 23.11.2016

Veranstaltung mit Frau Prof. Dr. Jutta Rump

Kooperationsveranstaltung der Allgäuer Volksbank und der Diakonie in Kempten

Gewürzt mit einer Prise Humor, anschaulichen Beispielen und einem rasanten Durchmarsch durch die demografische, technisch-ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung gab Professorin Dr. Jutta Rump (Ludwigshafen) im Forum Lichtblick jetzt eine „Lehrstunde“ für Arbeitgeber: „Es kann nur glaubwürdig nach außen kommuniziert werden, was stimmig innen gelebt wird.“ Erstmals fand das traditionelle Lichtblick-Forum als Kooperationsveranstaltung statt. Dazu hatte sich die Diakonie Kempten Allgäu die Allgäuer Volksbank eG als Partner mit ins Boot geholt. „Wir haben schon früher Kooperationen gehabt und das Thema „Was attraktive Arbeitgeber von heute und morgen wissen sollten“ ist nicht nur für uns Sozialverbände, sondern für alle Bürger und damit auch  andere Unternehmer interessant“, meinte Indra Baier-Müller, geschäftsführender Vorstand der Diakonie einleitend bei der Begrüßung der rund 90 Gäste in der Kindertagesstätte Oberlinhaus.

In ihrem kurzweiligen Vortrag arbeitete die Referentin die aktuellen „Megatrends“ heraus, die derzeit präsent sind. Das sind die Entwicklungen

  • in der Demografie (in Deutschland liegt das Durchschnittsalter derzeit bei 47 Jahren, 2020 wird es schon bei 49 Jahren liegen).
  • in der Ökonomie und Technik (beeinflusst von der Demografie kommt es zum Fachkräftemangel, die Digitalisierung spielt eine Rolle) Allerdings: Dem Fachkräftemangel stehen hier 2,5 Millionen Arbeitslose gegenüber.
  • in der Gesellschaft (die junge Generation hat ein anderes Verständnis von Beruf und Privatem, die Eintrittsbarriere in den Beruf wird höher, es gibt eine Polarisierung).
     

Für die Zukunftsfähigkeit eines Betriebes nannte die Professorin drei wichtige Aspekte: die Identifikation der Mitarbeiter mit der Arbeit, dem Arbeitgeber und den Kollegen. „Die langfristige Motivation ist dabei auch abhängig von der Gesundheit des Mitarbeiters“, verknüpfte Jutta Rump diese einzelnen Komponenten. Jedes Unternehmen müsse seinen Nukleus kennen, „sein Fundament“, die „DNA“ des Betriebes. In Ostwestfalen gebe es so beispielsweise einen Betrieb für Lüsterklemmen, weltweit der erfolgreichste – weil die Mitarbeiter für ihre Firma im wahrsten Sinne des Wortes brennen.

Wichtig sei dabei eine gute Balance zwischen Beruf und Privatem. „Und das gilt nicht nur für Mütter, sondern für jeden von uns“, erklärte die Expertin, die neben ihrer Professur an der Hochschule in Ludwigshafen auch Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) ist. Hier erforscht sie eben genau diese Trends in der Arbeitswelt – und die daraus resultierenden Konsequenzen für Personalmanagement, Organisationsentwicklung und Führung.

Was ist der Wert eines Mitarbeiters? „Gehen Sie durchschnittlich von einem Brutto-Jahreseinkommen von 45 000 Euro aus, multiplizieren Sie das mit 45 Jahren Arbeitszeit. Dann ist jeder einzelne Millionen wert!“ Doch wie gehe man damit um, „wie gehen wir mit uns selbst um?“ fragte sie in den Raum hin. „Wir sind unser eigener Sicherheitsanker – das ist nicht der Arbeitsplatz!“ Kritisch meinte sie mit Blick auf die Arbeitsplätze in Pflege und Kinderbetreuung. Ihrer Ansicht nach brauche es andere Betreuungsschlüssel, um die Kinder beispielsweise besser zu fördern. „Die Arbeit finden wir gut, aber wir sind nicht bereit, dafür mehr zu zahlen.“ Hier brauche es solidarische Lösungen.

Die Gesellschaft verändere sich gerade massiv, also müsse man auch mal querdenken und unorthodoxe Lösungen suchen. Zumal die Alterspanne der Mitarbeiter immer größer werde und man hier individuelle Lösungen brauche. „Ein Betrieb braucht feste Leitplanken, aber innerhalb dieses Raumes gibt es viele flexible Möglichkeiten“, zeigte sie ein Bild auf. Ein Berufsbild, bei dem man es geschafft habe, es in die Zukunft zu holen sei beispielsweise das der Sekretärin! „Die Arbeit geht nicht aus, wir definieren sie nur anders!“

Zur Digitalisierung meinte die Expertin: „Egal was in der Welt passiere, Minuten später seien wir informiert. Das Ganze müsse man auch weltpolitisch denken.“ Allerdings: „Wir alle sind selbst die Treiber.“ Die Seele baumeln lassen, Langeweile suchen – das könnten viele gar nicht mehr. Die Konsequenz: „Wir müssten uns herausnehmen, nicht mitmachen, aus der Polarisierung der Gesellschaft ausbrechen, diese so klein wie möglich halten.“ Nicht umsonst hätten psychosomatische Krankheiten in den letzten Jahren rasant zugenommen!

Bei der anschließenden Diskussionsrunde meine Jutta Rump auf die Frage zur Einbindung der Flüchtlinge in die Arbeitswelt: „Von den 1,35 Millionen Flüchtlingen (seit Aug. 2015) können nur 15 Prozent tatsächlich qualitativ an unseren deutschen Arbeitsmarkt andocken.“ Eine tatsächliche Integration dauere mindestens 10 Jahre, realistischer noch seien 15 Jahre!

Erstmals fand das Lichtblick-Forum als Kooperationsveranstaltung statt. Dazu hatte sich die Diakonie Kempten Allgäu die Allgäuer Volksbank eG als Partner mit ins Boot geholt. Unser Foto zeigt die Referentin Professorin Dr. Jutta Rump (Mitte) zusammen mit Indra Baier-Müller, geschäftsführender Vorstand der Diakonie (rechts) und Klaus Peter Wildburger von der Allgäuer Volksbank eG (links).