Nicht nur beim Gold geht´s auf und ab

Allgäuer Zeitung, 02.01.2017

Vor einem Jahr bat die Allgäuer Zeitung mehrere heimische Bankchefs vorherzusagen, wie sich Zinsen, Preise und Kurse bis Ende 2016 entwickeln. Jetzt zieht sie Bilanz, wer wo richtig lag und warum

Oberallgäu Taugen Banker als Wahrsager? Oft ja, manchmal eher weniger. Das zeigt die Jahresprognose zu wichtigen Wirtschaftszahlen, die wir von Bankchefs erbeten hatten. Frage war vor einem Jahr, wie sich Zinsen, Aktien, Sprit- und Goldpreis zum 15. Dezember 2016 entwickeln.
In vielen Punkten lagen die Finanzexperten nahe an der Entwicklung, wenn sie nicht sogar eine Punktlandung machten. Einzelne Prognosen lagen freilich auch daneben. Doch ob Dollarkurs oder Ölpreis - viel hängt von weltweiten Entwicklungen ab. Was sich politisch und wirtschaftlich alles tut, kann wohl niemand vorhersagen. 

  • Gold Drei Banker setzen auf leicht steigende Goldkurse, wobei Heinrich Beerenwinkel (Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu) sich mit seiner Vorhersage am treffsichersten zeigte: Er hatte einen Preis von 1150 Dollar pro Feinunze erwartet; tatsächlich waren es 1130. Sorgen um China, der britische EU-Ausstieg und das wirtschaftliche Auf und Ab führten laut Klaus Peter Wildburger (Allgäuer Volksbank) dazu, dass Gold gefragt war und der Preis zeitweise sogar bei 1350 Dollar lag. Zuletzt habe es einen deutlichen Rückgang gegeben, weil wohl die Sorgen gesunken seinen. Gleichwohl erwartet Heribert Schwarz (Sparkasse Allgäu), dass Gold als Krisenwährung im Fokus bleibt. Dieter Sentner (Volksbank Immenstadt) verweist dabei auf die Unsicherheiten an den Kapitalmärkten sowie das schwindende Vertrauen in Währungen und politische Systeme.
  • Sparzinsen Die Banken haben es theoretisch in der Hand, ihre Prognosen eintreten zu lassen. Tatsächlich sind sie aber dem Markt unterworfen. "Die Zinsen bleiben niedrig, weil sie von der Europäischen Zentralbank (EZB) gemacht sind", erklärt Schwarz. Er hat vor einem Jahr damit gerechnet, dass die Sparkasse 0,0 Prozent Zinsen für einjährige Spareinlagen zahlen wird. Seine drei Mitbewerber dachten an 0,05 Prozent Zinsen. Tatsächlich waren jetzt auch ihre Zinsen bei Null oder nur knapp darüber.
    "Die Negativzinsphase der EZB führt zu weiter sinkenden Renditen für Geldanlagen bis zu vier Jahren", erwartet Sentner. 2017 gehen in der Region Banken dazu über, von gewerblichen Kunden mit besonders hohen Kontoständen Minus-Zinsen zu verlangen. Das auch bei Privatkunden zu tun, hält Sentner eher für problematisch. Aber: Sollte die EZB an den Negativzinsen über Jahre festhalten, werde es nötig, sie an Kunden weiter zu berechnen.
  • Darlehen Bei Immobilien-Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung hatte Schwarz ebenso den Riecher. Seine Prognose weicht nur 0,05 Prozent vom aktuellen Wert ab. Volksbanker Sentner ist mit 0,1 Prozent nur wenig schlechter. Sentner sagt, die Unsicherheiten über die Zinsentwicklung in den USA habe in Deutschland zu steigenden langfristigen Zinsen geführt. Der Trend werde sich 2017 fortsetzen, vermutet Sentner, sieht aber keine nachhaltige Zinswende.
  • Deutscher Aktienindex Das Börsenbarometer lag vor einem Jahr bei 10380 Punkten. Die vier Banker hatten für Mitte Dezember einen DAX-Stand zwischen 11000 und 11500 vorhergesagt. Wildburger lag dem tatsächlichen Wert (11300) am nächsten, gefolgt von Schwarz. Der Vermögensaufbau in Aktien habe weiter Vorrang, brauche aber auch Geduld, erklärt Schwarz die Entwicklung. Wildburger verweist auf die stabile, aber nicht dynamische Wirtschaftsentwicklung sowie die historisch niedrigen Zinsen. Sentner: "Wer heute eine Rendite auf seine Geldanlagen haben möchte, kommt an der Aktie nicht vorbei." Allerdings hätten die politischen Unsicherheiten eher zugenommen.
  • Diesel Prognosen für den Dieselpreis an der Tankstelle sind schwierig zu bewerten, da der sich von Stunde zu Stunde und Tankstelle zu Tankstelle massiv unterscheiden kann.
    Tatsächlich hatten alle vier Bankchefs 1,08 bis 1,15 Euro pro Liter erwartet - und so irgendwie alle recht. Es habe 2016 keinen Preisauftrieb für Rohstoffe gegeben, erklärt Wildburger. Die Rohölpreise hätten unter der Uneinigkeit der OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) gelitten, sagt Sentner. Er bezweifelt, dass die nun von der OPEC vorgesehene Begrenzung die Fördermenge nachhaltig senke.
  • Dollar "Punktlandung" freut sich Wildburger, der den Dollarkurs zum Stichtag fast exakt vorhergesagt hatte. Nach dem Zinsanstieg in den USA, vor allem nach der US-Wahl, tendierte der Dollar gegenüber dem Euro stärker. Das bedeutet: Am 15. Dezember gab es für einen Euro etwa 1,04 bis 1,05 Dollar. Vor einem Jahr gab es für einen Euro noch 1,10 Dollar. "Die Zinsentwicklung der USA ließ den Dollar im zweiten Halbjahr stärker werden", bestätigt Schwarz, erwartet aber, dass sich das kommende Jahr normalisiert. Sentner geht von einer anhaltenden Euroschwäche aus.