Mitglieder entscheiden über Bankenehe

Die Allgäuer Volksbank und die Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu wollen ihre Kräfte bündeln. Wie Kunden und Beschäftigte profitieren können. Jetzt stehen die zwei Vertreterversammlungen bevor.

Kempten/Oberallgäu Bankgeschäfte in einem Gast- oder Privathaus wären heute völlig undenkbar. Es hat sich viel getan, seit einige Dutzend Bürger ab 1870 in Oberstdorf, Sonthofen, Kempten und anderen Orten kleine Spar- und Darlehensvereine gründeten. Weil sich gemeinsam mehr erreichen lässt, schlossen sie sich nach und nach zu größeren Banken zusammen. Jetzt wollen zwei große Genossenschaften fusionieren, die sich ein Geschäftsgebiet teilen: die Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu und die Allgäuer Volksbank.

Platzfusion nennen Fachleute das. Bundesweit hätten sich längst die meisten Banken der genossenschaftlichen Familie zusammengetan, wenn sie nebeneinander im gleichen Gebiet tätig waren, sagt Raiba-Vorstandssprecher Heinrich Beerenwinkel. Die Entscheidung darüber treffen allerdings auch im Allgäu nicht die Bankenvorstände, sondern die Vertreterversammlungen beider Häuser.

Sie nehmen die Interessen der Mitglieder (also der Eigentümerinnen und Eigentümer) wahr. die Versammlungen stehen am 11. und 13. Juni an. Schon vorab hatten beide Banken den Vertretern Gesprächsabende angeboten, um Fragen zu dem Zusammenschluss zu stellen. Beerenwinkel freut sich, dass man für die Kunden das Leistungsangebot ausbauen, Kräfte bündeln und gemeinsam mehr spezialisierte Experten bieten könne. Das sei auch für die Beschäftigten interessant, denn in einer größeren Bank gebe es für sie selbst mehr Perspektiven. Laut Beerenwinkel erhalten alle Mitarbeitenden beider Häuser eine Beschäftigungsgarantie.

Gespart wird allerdings bei den Vorständen: Unabhängig von der geplanten Fusion geht Donat Asbach (Volksbank) zum Jahresende in Ruhestand, Heinrich Beerenwinkel (Raiffeisenbank) Ende April 2025 und Klaus-Peter Wildburger (Volksbank) Ende 2026. Ihre Stellen sollen nicht nachbesetzt werden. Die künftige VR-Bank Kempten-Oberallgäu eG sollen dann Dieter Schaidnagel und Wilhelm Oberhofer führen, die wie bisher von Generalbevollmächtigten unterstützt werden.

Und der weitere Ablauf? Bereits jetzt beraten Führungskräfte und Projektgruppen über organisatorische Fragen. Laut Beerenwinkel sind es um die 4500 Themenpunkte. Nur ein Beispiel: Mit der Fusion ändert sich die Bankleitzahl der bisherigen Volksbank-Kunden, also auch die IBAN (Kombination von Bankleitzahl und Kontonummer). Die Banker wollen dann größere Unternehmen (wie Mobilfunkbetreiber und Versicherungen), die bei Kunden regelmäßig abbuchen, automatisch über die Änderung der Bankdaten informieren. 

Die ausgegebenen Bankkarten der Allgäuer Volksbank funktionieren weiter. Auch die Zugänge fürs Onlinebanking bleiben bestehen. Daten wie Kontoumsätze, Überweisungsvorlagen und Kontoauszüge im elektronischen Postfach werden übernommen. Ebenso behalten alle Verträge und Vereinbarungen Gültigkeit. Sollten Kunden bei beiden Banken Freistellungsaufträge haben, werde diese automatisch zusammengeführt.

Was zu einem spannenden Thema überleitet. Beerenwinkel schätzt, dass die zwei Banken etwa 1800 Doppelkunden haben. Genaue Zahlen, auch zum Umfang dieser Geschäftsbeziehungen, gibt es nicht. Aus Datenschutzgründen können die Häuser da vor der Fusion keine Infos austauschen.

Genehmigen die Vertreterversammlungen die Bankenehe, wird sie mit Eintragung im Genossenschaftsregister rückwirkend zum 1. Januar vollzogen. Die "technische Fusion" zur Zusammenführung soll am Freitag, 25. Oktober, erfolgen.

Die Raiba hat 29.721 Mitglieder und 78.264 Kunden, die Volksbank 7.800 Mitglieder und 17.910 Kunden. Die Raiba mit 321 Beschäftigten bringt es auf eine Bilanzsumme von 2,24 Milliarden Euro, die Volksbank (85 Beschäftigte) auf 573 Millionen Euro.

Aus der Geschichte der beiden Genossenschaftsbanken

1870 entstand in Kempten ein Spar- und Vorschußverein, 1889 dann der Vorschußverein Sonthofen. Daraus wurden später Volksbank Kempten und Allgäuer Volksbank, die dann 1971 fusionierten.

1902 gegründet wurde der Spar- und Darlehenskassenverein in Oberstdorf, 1926 der in Rothkreuz bei Kempten. Im Lauf der Jahre folgten etliche Fusionen, in denen sich Raiffeisenbanken schrittweise zu größeren Einheiten zusammenschlossen.

Beispiele für die vielen Fusionen der Genossenschaftsbanken:  

1969 Volksbank Oberstdorf und Raiffeisenbank Sonthofen, 1971 Raiffeisenbanken St. Mang, Lenzfried, Betzigau und Wildpoldsried, 1970/1972 Raiffeisenbanken Kempten, Buchenberg, Heiligkreuz, Weitnau, Wengen und Wiggensbach, 1994 Raiffeisenbanken Immenstadt und Waltenhofen-Martinszell, 1996 Raiffeisenbanken Kempten und Sankt Mang, 2000 Raiffeisenbanken Oberstdorf-Sonthofen und Bad Hindelang, 2002 Raiffeisenbanken Oberstdorf-Sonthofen und Immenstadt-Waltenhofen, 2014 Raiffeisenbanken Oberallgäu-Süd und Kempten.