Wer heute das stattliche Gebäude der Allgäuer Volksbank betrachtet, denkt wohl kaum an die über 500-jährige Geschichte dieses Hauses. Dennoch legt die prachtvolle Barockfassade ein Zeugnis vom Selbstverständnis und Selbstbewußtsein früherer Generationen der Reichsstadt Kempten ab.
Der heutige Komplex ging ursprünglich aus zwei Häusern hervor. Die älteste Nachricht über die beiden Häuser auf dem Areal stammt aus dem Jahre 1499. Eine Vorläuferbebauung kann nicht ausgeschlossen werden. Wahrscheinlich stand an dieser Stelle das "Saltzhaus am Markt" mit Verkaufsständen, das nach stiftskemptischen Urkunden 1196 errichtet wurde.
Als erster nachweisbarer Hauseigentümer erwarb der Färber Hans Holdenried das Anwesen mit der Bezeichnung "Gerberstraße 13" zur Ausübung seines Handwerks. Im 16. Jahrhundert kam das Haus in den Besitz der Stadt, die es 1571 an den Stadtbaumeister Lienhart Häl verkaufte. Das Nachbarhaus "Rathausplatz 10" bewohnten mehrere Generationen des Großkaufmannes Joseph König; 1633 wurde das Haus geplündert.
Im Jahre 1655 erwarb die Familie Jenisch beide Häuser und gestaltete die einheitliche Fassade mit dem architektonisch geschmackvollen Barockgiebel. Im Inneren wurde der prachtvolle Festsaal eingebaut, das aufwändige Treppenhaus eingefügt und eine eigene Wasserleitung erstellt. Das Anwesen blieb einige Generationen im Eigentum der Patrizierfamilie Jenisch.
Im Zuge der Heirat von Anna Catharina von Jenisch mit dem Freiherrn Christian Friedrich von Ponikau im Jahre 1804 erhielt das Gebäude seinen heutigen Beinamen. Die Freiherrn von Ponikau stammten aus Sachsen und verbrachten nur kurze Zeit in Kempten.
In den Jahren 1830/31 ging das gesamte Anwesen an die Stadt Kempten über. Nach verschiedenen Mietern und Zwischeneigentümern erwarb der Bäcker Ferdinand August Ackerknecht im Jahre 1864 das ehemalige "Jenisch-Haus", das dann "Ponikau-Haus" hieß. Er nutzte das Anwesen gewerblich.
Nach dem Tode des Bäckermeisters August Ackerknecht erbten seine Kinder das Anwesen. Diese verkauften es an den Kaufmann Johann Adam Endres.
Seit 1916 ist das Gebäude im Eigentum der Allgäuer Volksbank und auch Hauptsitz der Bank.
Mehrmals wurde in den vergangenen Jahrzehnten die Fassade des historischen Gebäudes restauriert und in mehreren Bauabschnitten auch das Erdgeschoß umgestaltet. In den Jahren 1982 / 1983 folgte schließlich die Restauration des festlichen Rokoko-Saales im Ponikau-Haus. 1998 und 1999 wurden in den Obergeschossen moderne Bank- und Beratungsräume geschaffen. In den Jahren 2002 und 2003 erfolgte die komplette Fassadenerneuerung sowie der Umbau der Schalterhalle mit Integration moderner Sebstbedienungstechnik. Das stattliche Ponikau-Haus der Allgäuer Volksbank erstrahlt damit wieder in neuem Glanz am bekannten Standort.
Hier treffen "Tradition und Moderne" augenfällig aufeinander. Die Außenfassade des Ponikau-Hauses fügt sich durch den strukturierten Farbanstrich gut in das Altstadtbild Kemptens ein. Innen überrascht das Haus mit moderner, heller, freundlicher und angenehmer Atmosphäre, in der die Kunden ein Konzept mit Automatentechnik, Service und diskreter Beratung rund um die Themen Geld und Finanzen in historischen Räumen finden. Bereits mit dem ersten Schritt in die Bank stehen Sie als Kunde im Mittelpunkt.
Besonders hervorzuheben ist das sogenannte "Rokoko-Juwel", der Ponikau-Saal der Allgäuer Volksbank in Kempten.
Dieser "Kunstschatz" wurde im Jahre 1740 im Auftrag der Familie von Jenisch geschaffen. Die Künstler Johann Georg Üblher und Franz Georg Hermann übernahmen gemeinsam die Ausgestaltung des bürgerlichen Festsaales in höfischer Manier. Beide waren sie handwerklich Meister Ihres Faches. Johann Georg Üblher und seine Gesellen schufen die gesamten Stuckarbeiten. In den vier Ecken der Festsaaldecke brachten sie verspielte, höfische Kartuschen mit reicher Rocailledekoration an. Franz Georg Hermann dekorierte mit Malereien, teils aus der griechischen Mythologie, wie z.B. beim Deckengemälde, den Festsaal. Er malte in die zierlichen Stuckrahmen heitere Symbolfiguren der vier Jahreszeiten und Sinnbilder der vier antiken Elemente. Mit überaus zarten Farben verstand er es, Bilder lebendig und anschaulich werden zu lassen.
Der eigene Festsaal im Haus der Patrizierfamilie Jenisch ermöglichte eine Art von Gleichstellung der Bürger der Reichsstadt mit der fürstäbtlichen Prunkentfaltung und legt Zeugnis für die Lebensfreude in der Freien Reichsstadt Kempten ab.
Zur damaligen Zeit fanden im Rokokosaal bei Kerzenlicht Konzerte, Komödien und Kurzopern statt. Hierzu wurde ein ausgewähltes Publikum eingeladen.
1864 erwarb der Bäcker Ferdinand August Ackerknecht das Anwesen. Bei dem sehr hohen Kapitaleinsatz von 21.000 Gulden überlegte der Bäckermeister wie er das Ponikau-Haus bestmöglich nutzen könnte. Er entschied sich 1867, den Rokokosaal durch das Einziehen einer Zwischendecke fortan als Wäschespeicher zu verwenden. Statt rauschender Feste zu veranstalten, wurden an den Stuckfiguren Kleidungsstücke angebunden. Das Rokokojuwel war dem Verfall preisgegeben.
Im Jahre 1916 erwarb die Allgäuer Volksbank das Gebäude. Lange Zeit fehlten die finanziellen Mittel zu durchgreifenden baulichen Maßnahmen. Mit der schwierigen Restaurierung des Treppenhausgemäldes im Jahre 1966 wurde die Frage der Wiederherstellung des alten Bauzustandes und der Rettung des Rokokosaales wieder aktuell. Die endgültigen Entscheidungen zogen sich jedoch noch rund 16 Jahre hin.
Aufsichtsrat und Vorstand beschlossen im Jahr 1981, den Festsaal zu renovieren und das Rokokojuwel zu retten.
Am 01.11.1982 begannen die schwierigen Bau- und Restaurationsarbeiten. Die eingezogene Decke wurde nach 115 Jahren sorgfältig abgetragen. Ebenso mußte der unbrauchbare Fußboden des Saales herausgenommen werden. Die darunterliegende, über dreihundertjährige Balkenlage befand sich in tadellosem Zustand. Nach den notwendigen Maurer- und Verputzarbeiten gingen die Stukkateure und Kunstmaler an ihr schwieriges Werk. Am 10. November 1983 schließlich wurde der Rokokofestsaal eingeweiht.
Aufgrund der statischen Gegebenheiten ist es der Allgäuer Volksbank leider nicht möglich, das Haus der gesamten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb hat die Bank im Jahre 2004 begonnen, den Ponikau-Saal mit einer Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Kunst-Stücke" zu beleben.